Blühwiese mit Wildblumen

Für Arten- und Umweltschutz: Hessen Mobil legt Blühflächen im Straßennebenraum an

Durch die Anlage von Blühflächen aus gebietseigenem, standortangepasstem Wildsaatgut entstehen auf Straßennebenflächen neue ökologisch hochwertige Strukturen als Schutz-, Brut-, Rückzugsflächen für Wildtiere und –pflanzen, Vögel und Insekten, wie Wildbienen, Schwebfliegen und Falter.

Der Arten- und Blütenreichtum, viele Fruchtstände im Herbst und Winter sowie der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel sichern ein hochwertiges Nahrungshabitat für viele verschiedene Tierarten.

Sie dienen als Wanderkorridore für Tierarten im Biotopverbund, bilden einen ästhetischen Erosionsschutz und wirken sich dadurch positiv auf das Landschaftsbild sowie das Mikroklima aus und erhöhen die Biodiversität.

Blühflächen und Blühsäume bereichern die Landschaft, vernetzen Biotope, steigern die Artenvielfalt und helfen beim Klimaschutz. Sie binden in der Biomasse abgestorbener Pflanzen Kohlenstoff aus der Luft im Boden. Bei einem Blühstreifen von 10 x 100 Metern sind das über den zusätzlichen Humusaufbau im Schnitt 180 kg CO2 – die Menge, die ein Auto auf 900 Kilometern ausstößt. (Modellrechnung des Forscherteams des Thünen-Instituts für Agrarklimaschutz in Braunschweig)

Wichtig für die Kohlenstoffbindung im Boden ist, dass die Blühflächen über Jahre existieren. Die verwendeten Flächen befinden sich auf Liegenschaften von Hessen Mobil, jedoch außerhalb der regelmäßig vom Betriebsdienst unterhaltenen Bereiche. Sie sollen langfristig angelegt werden, damit sie sich etablieren und dauerhaft für die Insekten zur Verfügung stehen.

Grundlage für die Umsetzungen der Maßnahmen sind die gesetzlichen Anforderungen zur Berücksichtigung von Biodiversitätsbelange für alle Flächen der öffentlichen Hand. Im § 2 Absatz 4 des Bundesnaturschutzgesetzes heißt es, dass diese Flächen, die Ziele des Naturschutzes in besonderer Weise berücksichtigen sollen.

Warum sind Blühflächen wichtig?

  • Blühflächen im Straßennebenraum gewinnen aufgrund des Verlustes anderer Lebensräume zunehmend an Bedeutung für seltene Pflanzen- und Tierarten wie Wildbienen, Käferarten, Blattwespen, Schmetterlinge.
  • Diese Flächen unterliegen keinem Nutzungs- und Erholungsdruck und sind daher aufgrund ihres hohen Flächenangebotes wichtige Rückzugsgebiete für viele Arten.
  • Sie dienen als Wanderkorridore im Bioptopverbund und somit der Vernetzung von Biotopen.
  • Durch die Bepflanzung bilden sie einen ästhetischen Erosionsschutz und wirken sich positiv auf das Mikroklima aus.
  • Abhängig von den örtlichen Gegebenheiten wie Topographie, Exposition, Bodenarten, Länge und Breite können Straßenbegleitgrünflächen sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und somit ein hohes Potential für verschiedene Tierarten bieten.

Auswahlkriterien für Blühflächen:

  • Flächen mit bestehenden Pachtverträgen sind nicht für die Anlage von Blühflächen vorgesehen.
  • Je magerer eine Fläche ist, desto geeigneter ist sie für das Vorhaben. Aber auch Standorte mit mittlerem Nährstoffangebot sind geeignet.
  • Weiterhin ist die Größe der Flächen, ihr Zuschnitt und ihre Vorbelastung im Raum von Bedeutung. Für die Begrünung spielen vor allem die biotischen und abiotischen Standortfaktoren (Wasserhaushalt, Exposition, vorhandene Nutzung, Vegetation, Nährstoffgehalt) sowie die Beurteilung der oberen Bodenhorizonte von null bis zehn Zentimetern eine wichtige Rolle.
  • Die Geländesituation ist für die Flächenbearbeitung ebenfalls wichtig (gibt es maschinengeeignete Zuwegungen ohne die Inanspruchnahme fremder Grundstücke?)

Die für die Anlage von Blühflächen favorisierten Areale befinden sich auf Liegenschaften von Hessen Mobil jedoch außerhalb der regelmäßig vom Betriebsdienst unterhaltenen Bereiche. Sie sollen langfristig angelegt werden, damit sie sich etablieren und dauerhaft für die Insekten zur Verfügung stehen.

Infotafel "Hier blüht Hessen" mit Blühstreifen im Hintergrund

Vorbereitung der Anbauflächen

In Vorbereitung der Anbauflächen wird eine Untersuchung und Bewertung der abiotischen und biotischen Standortfaktoren durchgeführt. Danach erfolgt die Wahl der geeigneten Bodenvorbereitung sowie der geeigneten Saatgutmischung.

Eine sorgfältige Bodenvorbereitung und Saatbettbereitung mit möglichst feinkrümeliger Oberfläche sind für die erfolgreiche Etablierung von Einsaaten sehr wichtig.

Auswahl des Saatguts

Gemäß den Vorgaben im Bundesnaturschutzgesetz (§ 40 BNatSchG) sollen seit 2010 Einsaaten in der freien Natur mit gebietseigenem Saatgut vorgenommen werden. Seit März 2020 ist dies Pflicht. Dieser Verpflichtung kommt Hessen Mobil bei den neu anzulegenden Blühflächen nach.

Bei den Blühflächen von Hessen Mobil wird speziell an den Standort angepasstes blütenreiches gebietseigenes Regio-Saatgut eingesetzt. Regio-Saatgut stammt von heimischen Wildpflanzen einer bestimmten definierten geographischen Region (dem Ursprungsgebiet) und wird in dieser Region für eine Verwendung vermehrt.

Dieses Regio-Saatgut wird in seiner Ausgangsform in Deutschland durch Wildsammlungen aus 22 definierten Ursprungsgebieten gewonnen.

Für saumartige Bereiche eignen sich reine Wildblumen-Mischungen und für größere Flächen, Blumenwiesen-Mischungen, die jeweils ein festgelegtes Verhältnis von Blumen und Gräsern aufweisen.

Die Wildblumen- und Blumenwiesenmischungen beinhalten z.B.:

  • Gewöhnliche Scharfgarbe
  • Rundblättrige Glockenblume
  • Kornblume
  • Klatschmohn
  • Wiesen Margerite
  • Acker-Witwenblume
  • Wiesen-Flockenblume
  • Rote Lichtnelke
  • Moschus-Malve
  • Wiesen-Salbei

Die Gräser bestehen aus:

  • Rotes Straußgras
  • Glatthafer
  • Schafschwingel
  • Weiche Trespe
  • Goldhafer
  • Horst-Rotschwingel

Zu den vorhandenen Mischungen wie den Schmetterlings- und Wildblumensaum sowie der Wildblumenwiese können auch ergänzende Arten beigemischt werden, zum Beispiel  der ‚Kleine Klappertopf‘. Dieser eliminiert nicht erwünschte Gräser, indem er mit speziellen Saugwurzeln den umliegenden Gräsern Nährstoffe und Wasser entzieht.

Wichtig: Nicht jedes Saatgut, welches als Wildblumenmischung angeboten wird, eignet sich für die freie Natur. Oft handelt es sich um sogenannte Exotenmischungen. 90 Prozent der heimischen pflanzenfressenden Insekten können diese nicht fressen. Diese Insekten sind daher auf gebietseigene Wildblumen angewiesen.

Aussaat

Die Aussaat erfolgt vorzugsweise in der feuchten Jahreszeit und ist abhängig von Region, Höhenlage und Witterung.Eine Frühjahrsaussaat erfolgt von Anfang März bis Anfang Mai, eine Herbstaussaat von Ende August bis Anfang Oktober. Aufgrund des Klimawandels wird eine Herbstaussaat empfohlen.

Die Menge des Regio-Saatgutes beträgt mischungsabhängig zwischen einem und sechs Gramm pro Quadratmeter. Das Saatgut sollte mit einer schnell wachsenden Pflanze, z. B. Kresse, mit rund zwei Gramm pro Quadratmeter gemischt werden und mit einem Aussaathelfer wie Maisschrot mit ca. 6 Gramm pro Quadratmeter gestreckt werden. Somit erreicht die Aussaat eine finale Menge von möglichst 10 Gramm pro Quadratmeter.

Drohnenaufnahme des Blühstreifen bei Stephanshausen

Pflege von Neuanlagen

Voraussetzung für die Entwicklung von arten- und blütenreichen Blühstreifenflächen mit hoher ökologischer Wertigkeit ist die regelmäßige Pflege. Diese wird an den Standort und die Pflanzengesellschaft angepasst:

  • Bei einer Aussaat im Frühjahr ist nach rund zwei Monaten bzw. bei ca. 30 cm mittlerer Aufwuchshöhe (auch des vorhandenen Schnellbegrüners) ein Schröpfschnitt (Pflegeschnitt) notwendig. So wird unerwünschter Begleitvegetation vorgebeugt.
  • Der Schröpfschnitt bei einer Herbstaussaat erfolgt erst im folgenden Frühjahr bei einer Höhe von 25-30 cm sowie viel unerwünschter Begleitvegetation. Die Schnitthöhe beträgt mindestens 5 cm.
  • Falls im Frühjahr nach einer Herbstaussaat kein Schröpfschnitt notwendig ist, wird die Blumenwiese geschnitten und das Mahdgut Anfang Juni abgeräumt. Je nach Entwicklung wird dieses Vorgehen nochmals im September wiederholt.

Bei dem Schmetterlings- und Wildblumensaum erfolgt ebenfalls nach der Herbstaussaat ein Schröpfschnitt im Frühjahr und dann ein regulärer Schnitt mit Abräumen des Mahdgutes im Herbst.

Pflegemaßnahmen, die die Artenvielfalt fördern:

  • Die weiteren jährlichen Mahdgänge richten sich nach der Artzusammensetzung. Diese sind bei Schmetterlings- und Wildblumenmischungen einmal pro Jahr im Herbst und bei Blumenmischungen mit Gräseranteilen ein- bis zweimal pro Jahr im Juni und September.
  • Häufigkeit und Zeitpunkt der Mahd sollen an die jeweilige Saatgutmischung angepasst werden.
  • Bei großflächigem Blühen ganzer Flächen soll die Pflege erst nach der Hauptblütezeit erfolgen.
  • Räumlich und zeitlich differenzierte Mahd:
    Ein Anteil von ca. 20 bis 30% der Blühflächen kann als Refugialfläche (ungemähte Bereiche) im Herbst stehengelassen werden, um Insekten das Überwintern in den Stängeln zu ermöglichen. Im Frühjahr vor dem Austrieb soll dann die stehengelassene Nachmahd entfernt werden.

Grundsätze zum Mähen und Abräumen des Schnittgutes

  • Abräumen statt Mulchmahd (Mahdgut verbleibt auf der Fläche): Eine Mulchmahd führt zur Eutrophierung (Nährstoffanreicherung) der Fläche und damit zur Verminderung der Artenanzahl. Die Eutrophierung führt zu übermäßigem Pflanzenwachstum.
  • Ein- oder zweimaliges Mähen und Abräumen des Schnittgutes pro Jahr kann, vor allem auf mäßig-wüchsigen Flächen, eine lichtere Vegetationsstruktur erzeugen. Dies fördert die Etablierung von Blütenpflanzen und damit langfristig die Artenvielfalt.
  • Eine zweischürige Mahd (es wird zweimal im Jahr gemäht), ist auf eher nährstoffreichen Böden für eine gute Bestandsentwicklung empfehlenswert. Auf nährstoffarmen und trockenen Böden ist eine Mahd in einjährigen bis mehrjährigem Abstand ausreichend.
  • Empfohlen wird, das Mahdgut 1-2 Tage liegen zu lassen. Insekten haben somit Zeit die gemähte, nun unattraktiv gewordene Fläche zu verlassen und werden bei der am Tag darauf stattfindenden Mahdgutaufnahme nicht mit aufgenommen.

Ökologische Mahdtechniken

Beim Mahdvorgang wird die Tierwelt möglichst geschont und zugleich ein wirtschaftliches und zügiges Arbeiten ermöglicht.

  • Arbeitshöhe zum Boden ca.10 cm
  • Geringe Sogwirkung
  • Langhalmschnitt statt Zerkleinerung
  • Kein breitflächiger Bodendruck einer Stützwalze
  • Insektenretter, die Insekten vor dem Mähkopf schützen
  • Aufnahmevorrichtungen, die eine kleintierschonende Biomasseentnahme ermöglichen
  • Mahd mit Balkenmäher

Eine begleitende längerfristige Erfolgskontrolle sollte bei allen Blühflächen durchgeführt werden, um eine bestmögliche Etablierung der Blühflächen zu gewährleisten. Hessen Mobil berücksichtigt diese Grundsätze individuell je nach Standortbedingungen und Entwicklung der Anbauflächen.

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