Seitenansicht auf die Steinbrücke über die Lahn bei Runkel - eine der ältesten Brücken in Hessen

Brücken in Hessen

Brücken in Hessen unterliegen einem besonderen engmaschigen Kontrollsystem, damit Schäden und Beeinträchtigungen von Brücken frühzeitig entdeckt werden und Hessen Mobil entsprechend eingreifen und reagieren kann. (Stand Januar 2024)

Lesedauer:6 Minuten

1. Wie werden Brücken in Hessen geprüft?

Die Ingenieurbauwerke in Hessen, dazu gehören neben den Brücken z.B. auch die Tunnel, Stütz- und Lärmschutzwände sowie Verkehrszeichenbrücken, werden gemäß DIN 1076 (Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen, Prüfung und Überwachung) regelmäßig von erfahrenen Bauingenieuren kontrolliert.

Bei den Kontrollen unterscheidet man zwischen Hauptprüfungen und Einfachen Prüfungen. Die Hauptprüfungen erfolgen alle 6 Jahre handnah mit Hilfe von Zugangstechnik (Leitern, Gerüste, Brückenbesichtigungsgeräte).

Drei Jahre nach einer Hauptprüfung sind die Brückenbauwerke einer Einfachen Prüfung zu unterziehen. Die Einfache Prüfung wird, soweit vertretbar, ohne Verwendung von Zugangstechnik als intensive, erweiterte Sichtprüfung durchgeführt.

Neben diesen regelmäßigen Prüfungen können auch Prüfungen aus besonderem Anlass (bspw. nach Anfahrunfällen, Überflutungen, Stürmen etc.) oder auch auf der Grundlage besonderer Vorschriften erforderlich werden.

Die Brücken werden hinsichtlich Standsicherheit, Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit geprüft. Dabei werden Mängel und Schäden erfasst, bewertet und in Prüfberichten dokumentiert.

Zudem werden Ingenieurbauwerke jedes Jahr durch Ingenieure vor Ort besichtigt und mind. zweimal jährlich erfolgt die Bauwerksbeobachtung im Zuge der Streckenkontrolle durch die Straßenmeisterei.

Ziel ist es, etwa eingetretene Mängel und Schäden rechtzeitig zu erkennen, um frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, bevor größerer Schaden eintritt oder die Verkehrssicherheit beeinträchtigt wird.

Wenn sich aus der Bauwerksprüfung Hinweise ergeben, dass die Tragfähigkeit und/oder die Dauerhaftigkeit der Brücke beeinträchtigt sein könnte, wird in der Regel ein Gutachten, welches auch eine statische Nachrechnung beinhalten kann, erforderlich. Bei der stat. Nachrechnung wird die Tragfähigkeit und der „Ermüdungszustand“ der Brücke ermittelt.

Da aufgrund der Lkw-Überfahrten die Brücke nicht nur statisch, sondern auch dynamisch hoch belastet, d.h. permanent Schwingungen ausgesetzt wird, machen sich „Ermüdungen“ von Materialien und Bauteilen bemerkbar, die zu einer eingeschränkten Belastbarkeit führen können.

Auf dieser Grundlage kann beurteilt werden, wann umfassende Sanierungen bzw. Ersatzneubauten notwendig werden. Zudem kann durch eine Entlastung der Brücke die Nutzungsdauer verlängert werden.

Im Zuständigkeitsbereich von Hessen Mobil befinden sich aktuell rund 5.080 Brücken auf Bundes-, Landes-, und Kreisstraßen, die nach DIN 1076 geprüft werden. Das entspricht etwa 5.413 Brücken-Teilbauwerken (Definition Teilbauwerke: Bei Brücken mit getrennten Überbauten je Fahrbahn oder unterschiedlichen Bauarten wird jede Überbaukonstruktion für sich als Teilbauwerk bezeichnet.)

2. Durch welche Maßnahmen kann eine Brücke entlastet werden?

Werden bei der statischen Nachrechnung Defizite in der Tragfähigkeit festgestellt, kann eine Entlastung der Brücke erforderlich werden.

Eine Entlastung kann durch verkehrsbehördliche Maßnahmen erreicht werden; z.B. können Gewichtsbeschränkungen für Schwerlastverkehr, Verbot für LKW, Einschränkung der Fahrstreifen und Geschwindigkeitsbeschränkungen angeordnet werden.

Reichen diese Maßnahme nicht aus, um die Brücke weiter unter Verkehr zu halten, können bauliche Verstärkungsmaßnahmen wie z.B. zusätzliche Unterstützungen erforderlich werden.

Auch besteht die Möglichkeit, eine dauerhafte Überwachung des Bauwerks durch ein elektronisches Monitoring anzuwenden, um Verformungen und mögliche weitere Schäden festzustellen.

3. Was haben Hessen und Hessen Mobil darüber hinaus unternommen?

Das Land Hessen hat in 2023 rund 381,3 Millionen Euro in Bundes- und Landstraßen investiert. Knapp 19 Prozent davon in die Brückensanierung und Brückenerneuerung.

In 2024 investiert Hessen rund 79 Millionen Euro in die Brückensanierung und Brückenerneuerung, bis 2027 sind fast 169 Millionen Euro Investitionen geplant.

In 2023 wurden insgesamt 96 Brückenerhaltungsmaßnahmen begonnen. 84 Brückenerhaltungsmaßnahmen wurden abgeschlossen, 57 Projekte liefen ins Jahr 2024 weiter

4. Was wurde in den vergangenen Jahren bei den Brücken verändert?

Das Bundesverkehrsministerium (BMDV) hat ab 2010 zahlreiche Brücken durch die Länder als Auftragsverwaltung nachrechnen lassen, um das Sicherheitsniveau aufgrund gestiegener Verkehrsbelastungen und Achslasten nochmals anzuheben. Dabei wurden Rechenverfahren angewandt, die Rückschlüsse auf Tragfähigkeit, Ermüdungsverhalten und Dauerhaftigkeit der Konstruktion ermöglichen.

Das BMDV hat eine Strategie zur Ertüchtigung dieser Straßenbrücken im Bestand der Bundesfernstraßen bis 2030 entwickelt, die es unter Berücksichtigung der Verkehrsbedeutung und Verkehrsbelastung ermöglicht, über notwendige Brückenverstärkungen oder Brückenerneuerungen zu entscheiden. Hessen hat die Investitionen in die Brückenerhaltung an Bundesfernstraßen deutlich erhöht und aus den entsprechenden Sonderprogrammen des Bundes erhebliche Mittel abnehmen können.

5. Welche Brücken in Hessen sind in einem "kritischem" Zustand?

Von den 5.413 Brücken-Teilbauwerken befinden sich 230 Teilbauwerke - also ca. 4,25 Prozent – in einem Bauwerkszustand, der kurz bis mittelfristig eine Instandsetzung erforderlich macht. Dazu zählen aber bereits kleinere Reparaturen, wie beispielsweise der Austausch von Geländern, Erneuerung von Schutzplanken o.ä.

Für die Dauerhaftigkeit der Brückenbauwerke ist nicht nur die Menge des Gesamtverkehrs entscheidend, sondern vielmehr die Tatsache, dass der Anteil des Güterverkehrs in den letzten Jahrzehnten überproportional zugenommen hat.

Aktuelle Prognosen weisen auf weitere Steigerungen hin. Zurückblickend haben sich in den letzten 50 Jahren die zulässigen Gesamtgewichte für Lkw von 24 Tonnen auf 44 Tonnen nahezu verdoppelt, die zulässigen Achslasten wurden von sieben auf 11,5 Tonnen angehoben, was die Brücken vorzeitig altern und verschleißen lässt.

Der Streusalzeinsatz ab den 1970er Jahren ist ein weiterer verantwortlicher Faktor für gravierende Schäden an Bauwerken mit den möglichen Folgen von Nutzungseinschränkungen.

6. Wie viele Brücken verwaltet Hessen Mobil in Hessen (aufgegliedert nach Bundes-, Landes- und Kreisstraßen und Regionen)?

Hessen Mobil verwaltet ca. 4.955 Brückenbauwerke, die sich wie folgt auf die Regionen verteilen:

Nordhessen Anzahl Bauwerke
Bundesstraße 418
Landesstraße 456
Kreisstraße 257
Radwege ehem. Bahntrasse 36
Gesamt 1167

Osthessen Anzahl Bauwerke
Bundesstraße 390
Landesstraße 348
Kreisstraße 212
Gesamt 950

Westhessen Anzahl Bauwerke
Bundesstraße 466
Landesstraße 417
Kreisstraße 163
Gesamt 1046

Mittelessen Anzahl Bauwerke
Bundesstraße 308
Landesstraße 390
Kreisstraße 191
Gesamt 889

Rhein-Main Anzahl Bauwerke
Bundesstraße 374
Landesstraße 241
Kreisstraße 71
Gesamt 686

Südhessen Anzahl Bauwerke
Bundesstraße 347
Landesstraße 199
Kreisstraße 129
Gesamt 675

7. Wie lang ist die längste Brücke?

Die längste Brücke ist die Hochstraße Wetzlar im Zuge der Bundesstraße B49 in Wetzlar mit einer Gesamtlänge von 1.066 Meter. Die zweitlängste Brücke nach der Hochstraße Wetzlar ist die Mainbrücke Steinheimer Bogen im Zuge der B43a bei Hanau/Steinheim mit einer Gesamtlänge von 650 Meter.

8. Wie lang ist die kürzeste Brücke?

Die kürzeste Brücke unterführt den Leimbach bei Eiterfeld im Zuge der Landesstraße L3380. Die lichte Weite beträgt 2,00 Meter

9. Wie hoch ist die höchste Brücke?

Die höchste Brücke unterführt die Fulda, die Kreisstraße K29 und die Deutsche Bahn bei Malsfeld im Zuge der Kreisstraße K15. Die Höhe einschließlich Konstruktion beträgt ca. 26 Meter.

10. Wo steht die älteste Brücke, die noch in Betrieb ist?

Die älteste Brücke in Hessen, die noch in Betrieb ist, steht in Runkel. Sie unterführt die Lahn im Zuge der Landesstraße L3020 und wurde in 1450 (laut SIB) erbaut. SIB ist die Abkürzung für Straßeninformationsbank. Die Straßeninformationsbank ist ein Programmsystem zur Speicherung, Verwaltung, Darstellung und Auswertung von Informationen zur Straße und ihrem Umfeld, also auch dem Brückenbestand. Die SIB-Datenbank bietet eine Datengrundlage für notwendige Entscheidungsprozesse in Planung, Bau, Unterhaltung und Betrieb der Straßen.

11. Welche Lebensdauer hat eine Brücke? Wodurch wird das beeinflusst?

Die theoretische Nutzungsdauer eine Brücke wird in der ABBV (Verordnung zur Berechnung von Ablösungsbeträgen) geregelt. z.B. Beispielsweise wird dort für einen Stahlbetonüberbau einer Brücke eine theoretischen Nutzungsdauer von 70 Jahre ausgewiesen.

Die Nutzungsdauer kann durch sich verändernde steigende verkehrliche Belastungen, den Standort und weitere äußere Einwirkungen (speziell Umwelteinflüsse wie z.B. CO2 CO2, Streusalzeinsatz im Winter) negativ beeinflusst werden.

12. Wie hat sich die Anzahl der Brücken in den letzten Jahrzehnten entwickelt?

Die Statistik der Bundesanstalt für Straßenwesen, Fokus Brücken, zeigt die Entwicklung der Anzahl der Brückenbauwerke von 1970 (ca. 18.000 18.262 Bauwerke) bis 01.09.2021 01.03.2023 (ca. 40.000 40.129 Bauwerke).

Angaben über die Entwicklung der Anzahl der Brücken in Hessen werden nicht vorgehalten.

Aufgrund des Neubaus von Ortsumgehungen und dem weiteren Ausbau des Straßennetzes ist auch in Hessen von einem Anstieg der Anzahl der Brücken in den letzten Jahrzehnten auszugehen.

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