Nadia Böhme untersucht das Mischgut anhand von verschiedenen Sieben

Nach der Ausbildung ist vor der Ausbildung

Nadia Böhme ist Ausbilderin für Baustoffprüferinnen und Baustoffprüfer in Kassel

Lesedauer:4 Minuten

Man macht sich die Hände schmutzig, man muss schwer heben, das Mischgut und die Bohrkerne sind auch nicht leicht. Man muss wissen, worauf man sich einlässt.

Nadia Böhme

Das Prüflabor von Hessen Mobil in der Knorrstraße in Kassel weckt fast schon verschollene Erinnerungen an Physik- oder Chemiesäle in der Schule. Es ist ihre Welt: Nadia Böhme wirbelt dort seit 2019 als eine von zwei Ausbilderinnen und Ausbildern für Baustoffprüferinnen und Baustoffprüfer durch die Gänge und Laborräume. Ihre Ausbildung hat sie bei der Universität Kassel im Fachbereich Mörtel und Beton gemacht. Danach war sie dort für zwei Jahre im Fachbereich Geotechnik und anschließend in einem Transportbetonwerk und in der Branntkalk-Herstellung tätig. Seit 2017 ist sie bei Hessen Mobil. Wir haben mit ihr über ihre verantwortungsvolle Aufgabe gesprochen.

Frau Böhme, wie viele Azubis bilden Sie derzeit in Kassel aus?

Wir bilden hier in Kassel derzeit drei Azubis aus. Einer wird dieses Jahr seinen Abschluss machen und dann auch übernommen. Und die beiden anderen sind im zweiten Lehrjahr und werden nächstes Jahr fertig. Darunter auch eine Auszubildende, was durchaus erwähnenswert ist, weil Frauen in diesem Berufsfeld insgesamt nicht so oft zu finden sind. Man macht sich die Hände schmutzig, man muss schwer heben, das Mischgut und die Bohrkerne sind auch nicht leicht. Man muss wissen, worauf man sich einlässt. Bei Hessen Mobil haben wir bei den Baustoffprüferinnen und Baustoffprüfer einen Frauenanteil von ca. 40 Prozent.

Welche Voraussetzungen muss ein Azubi mitbringen?

Einen Realschulabschluss mit befriedigenden Noten in Mathematik, Chemie und Physik sollte man schon haben. Außerdem ein wenig technisches Verständnis. Im Vorstellungsgespräch liegt es dann am Bewerber selbst. Wir machen einen kleinen Eignungstest, auch wenn es kein Ausschlusskriterium ist, wenn der nicht auf Anhieb klappt. Man muss sich insgesamt eben gut verkaufen.

Übrigens, die Berufsschule ist in Selb im bayerischen Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge direkt an der tschechischen Grenze. Da müssen sich unsere Azubis darauf einstellen. Dort findet dann Blockunterricht über 2-3 Wochen alle zwei Monate statt. Das ist nervenzehrend. Aber das ist die Non-Plus-Ultra-Schule für Baustoffprüferinnen und Baustoffprüfer. Sie bietet alle Möglichkeiten.

Nadia Böhme im Gespräch mit einem Auszubildenden
Nadia Böhme ist der direkte Draht zu ihren Auszubildenden besonders wichtig. Im Labor ist sie ganz nah dran und kann sich mit den Problemen und Fragen direkt beschäftigen.

Was ist das Besondere an der Ausbildung bei Hessen Mobil?

Dadurch dass wir wichtige Kooperationen haben, decken wir alle drei Fachbereiche des Berufs in der Ausbildung ab. Wir haben den Geotechnik-Bereich im Baugrundinstitut in Vellmar, wir haben den Mörtel-Beton-Bereich an der Universität Kassel. Damit bekommen die Azubis noch mehr Einblicke, z.B. im Bereich ultrahochfeste Betone. Und Hessen Mobil hat natürlich die vielen Baustellen vor Ort. Das ist ein riesen Vorteil.

Wir fahren da hin und schauen uns das gemeinsam Vor-Ort an. Wir können ohne großen Aufwand Frischbetonprüfungen machen und Asphaltproben entnehmen. Das können Straßenbaufirmen oder Gesteinskörnungsfirmen in dieser Breite nicht bieten. Hessen Mobil ist nicht langweilig. Es ist zwar immer das gleiche vom Ablauf, aber es ist nicht jeden Tag das gleiche im Eimer drin. Unsere Azubis werden von Anfang an in jeden Bereich eingebunden und erfahrene Kolleg/innen sind auch immer froh, wenn sie eine helfende Hand haben.

Und was sind dann die Aufgaben der ausgelernten Baustoffprüfer/innen?

Tja, all das, was ich auch mache, wenn ich es abgeben kann (lacht). Unser tägliches Brot sind die Kontrollprüfungen, also Asphaltanalysen, Bohrkernansprache, Ebenheitsmessungen, Griffigkeitsmessungen und so weiter. Und dann entsprechende Prüfberichte schreiben. Das Spektrum der Tätigkeiten ist sehr weitreichend.

Wir freuen uns auf jeden Fall, wenn neue Kolleginnen und Kollegen der verschiedenen Bereiche bei Hessen Mobil hier an unserem Standort in Kassel mal reinschauen. Das kann ich nur empfehlen.

Torben Todt drückt Betonproben ab an der Prüfpresse
Torben Todt ist inzwischen das „Mädchen für alles“. Hier hilft er im Betonbereich aus. Er drückt Proben ab an der Prüfpresse. Hauptsächlich prüft er aber die Ebenheiten.

Wie wird man denn Ausbilderin? Und warum sind Sie das geworden?

Die Kollegin, die das hier in Kassel ursprünglich gemacht hat, hat den Bereich gewechselt und hat mich dann gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte. Und da habe ich spontan ja gesagt. Im Labor bin ich ganz nah dran an den Azubis und kann mich mit ihren Problemen und Fragen direkt beschäftigen.

Meinen Ausbilderschein habe ich 2019 gemacht. Herr Todt ist sozusagen mein erster Azubi hier. Aber wenn wir hier nicht weiter selber ausbilden, wo sollen zukünftige Kolleginnen und Kollegen dann herkommen? Ich denke, dieses Problem haben alle Betriebe zurzeit.

Was ist für Sie persönlich das Spannende an ihrer Aufgabe??

Spannend ist, dass nicht immer alles gleich ist. Es ist jeden Tag anders. Jeden Tag andere Voraussetzungen und Herausforderungen. Man kann nicht sagen, man macht stur seine Arbeit nach Schema F. Probleme, die bei Untersuchungen aufgedeckt werden, müssen ja auch weitergegeben werden. Dann muss ich z.B. unseren Bauleiter kontaktieren.

Und spannend ist auch das Wissen so zu vermitteln das, man das in die Praxis miteinbringen kann. Ich freue mich, wenn meine Azubis genauso Gefallen am Beruf gefunden haben, wie ich.

Alexander Bettenhausen führt eine Kontrollprüfung im Labor durch
Das „tägliche Brot“ der Baustoffprüferinnen und Baustoffprüfer sind Kontrollprüfungen, also Asphaltanalysen, Bohrkernansprache sowie Ebenheits- oder Griffigkeitsmessungen. Bereits im 2. Lehrjahr lernt Alexander Bettenhausen alle wichtigen Arbeitsschritte.

Was tun sie, um ihre Azubis zu motivieren?

Ich bin motiviert. Und das lebe ich auch vor. Weil ich meine Arbeit mit Elan und Spaß mache. Und: nach der Ausbildung ist vor der Ausbildung! Denn nur, weil man das gelernt hat, hat man ja nicht ausgelernt. Man muss sich weiterbilden, das tue ich auch.

Es gibt auch technische Veränderung, gerade nächstes Jahr steht wieder eine große Änderung an. Die nicht mehr zeitgemäße ZTV Asphalt-StB 07/13 (Anmerk. der Red.: „Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt“) wird neu aufgelegt. Da werden einige Änderungen auf uns zukommen. Man wächst mit den Aufgaben, die man gestellt kriegt. Das ist so der Standardspruch von mir (lacht).

Was sind besonders schöne Momente im Rahmen ihrer Aufgabe?

Ja, natürlich die Ausbildung von Herrn Todt. Wenn mein erster Azubi seine Ausbildung mit „sehr gut“ abschließt, schulisch wie praktisch, dann ist das natürlich etwas Besonderes und eine Bestätigung für mich, dass ich mit meiner Art und Weise, die Dinge zu vermitteln, nicht ganz so verkehrt liege.

Wir haben beide Urkunden der IHK bekommen und wurden zur „Besten“-Feier eingeladen. Das hat mir Spaß gemacht. Und man weiß ja nie, ob man das nochmal bekommt. Insofern ist das das Nonplusultra für mich (lacht).

Das motiviert natürlich auch mich, die anderen Azubis noch weiter zu motivieren und das Beste rauszuholen. Das Wissen, das wir vermitteln, ist enorm. Und ich erwarte nicht, dass sie alle super gut sind, sondern dass sie ihr Bestes geben. Das ist nicht unbedingt der Notendurchschnitt, sondern die Arbeit, die sie abliefern.

Vielen Dank, Frau Böhme, für die spannenden Einblicke.

Nadia Böhme prüft die Proben unterschiedlicher Bohrkerne
Frauen in diesem Berufsfeld insgesamt nicht so oft zu finden sind. Denn man macht sich die Hände schmutzig, man muss schwer heben, das Mischgut und die Bohrkerne sind auch nicht leicht. Bei Hessen Mobil liegt der Frauenanteil bei den Baustoffprüferinnen und Baustoffprüfer bei ca. 40 Prozent.

Weitere Informationen:

Hessen Mobil ist nicht nur Ausbildungsbetrieb für den Beruf Baustoffprüferin / Baustoffprüfer, sondern führt auch unter Federführung der IHK Lahn-Dill für alle Ausbildungsbetriebe in Hessen und der ortsnahen Ausbildungsbetriebe in den angrenzenden Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Thüringen und Rheinland-Pfalz die Zwischen- und Abschlussprüfung für den benannten Ausbildungsberuf durch. Mitglieder des Prüfungsausschusses sind Ausbilderinnen und Ausbilder von Hessen Mobil, von Ingenieurbüros in Hessen und der TU Darmstadt sowie Lehrkräfte der Berufsschule in Selb.